Mittwoch, 23. Juni 2010

Stören tut uns diese Rechnung

Dass die heutige Presse-Matinée des Emmelsumer Bauunternehmers Ernst Brosskamp in der Südafrikanischen Landbäckerei "Mandela" stattfand, war purer Zynismus der delikaten Art, liegt diese doch bekanntlich im Gewerbegebiet Grenzstraße (GGG), einer Gegend, die Winand Schürmann (VUG) als "einen der letzten Kriegsschauplätze Europas" bezeichnet, und dazu ein Ort, an dem das herbeigesehnte U-Bahndepot ganz sicherlich nicht stattfinden wird. Bewusst hatte Brosskamp das Pressetreffen hierhin verlegt. Mit einem anschließenden Ausflug zum benachbarten Industriepark wollte er demonstrieren, wohin das Depot seiner Meinung nach ebenfalls niemals gehöre. Mochte dies noch als machtpolitisches Geplänkel zwischen Brosskamp und Brinkhoff (Baudezernent der Stadt Voerde, Anmerkung d. Redaktion) empfunden werden, so wurden doch einige überrascht, andere ernüchert, mit welch überzeugenden Argumenten er den ersten Spatenstich für das Depot in Emmelsum voraussagte. Der "sogenannte Industriepark", so der Bauunternehmer, "werde seinem Namen nicht gerecht," noch Jahre nach der Erschließung, welche man besser als Demontage bezeichnen sollte, würden sich hier mehr Krähen als Unternehmer niederlassen. An die Grünen im Rat gerichtet meinte er: "Brinkhoff sucht doch nur einen Grund endlich das 'Kröppzeug' (O-Ton des Baudezernenten, Anmerkung d. Redaktion) abholzen zu dürfen, in dem sich innerhalb der geschlossenen Mauern von Babcock Fauna und Flora auf ganz einzigartige Weise entwickelt haben." Wieviel umweltverträglicher, fragte er, wäre da ein Depotbau im Industriegebiet Emmelsum, wo Infrastruktur mit Gleisen, Straßen, Brücken, Kanal und Hafen fertig bereitstünden. "Kein Baum müsste fallen, nur die richtige Entscheidung."

Brosskamp, den Schürmann einst mit "Chimäre aus Politiker, Potzblitz und Pykniker" umschrieb, verneigte sich im nächsten Atemzug vor der FDP, welche er in ihrem Einsatz für die korrekte Verwendung "unser aller Steuergelder" bestärken wolle. "Das U-Bahndepot macht nur in Emmelsum Sinn! Würden die verehrten Politiker einmal über den Tellerand schauen, so könnten sie in die Zukunft sehen. In eine prosperierende Zukunft, in der unser Emmelsumer Hafen und seine anliegenden Unternehmen vom LogPort-Projekt des Landes NRW profitieren werden. Denn mit zunehmender Erschöpfung der Kapazitäten im Duisburger Hafen, wird Emmelsum an Bedeutung gewinnen. Bei der Niederlassung der VVV-Werkstätten inmitten dieses Aufschwunges, den der Landtag alsbald mit Fördermitteln vorantreiben will, können ortsansässige Gewerke Hand in Hand arbeiten. Deshalb wäre das Depot in Emmelsum am richtigen Ort zur richtigen Zeit."
Auf die anschließende Frage des liberalen "Niederrhein Kuriers", wo eine Anbindung an das U-Bahnnetz erfolgen solle, antwortete er: "Die Anbindung existiert bereits, und zwar dreifach. Glücklicherweise, auch das sehen Sie bitte als Vorteil für den Standort, sind wir in der Lage, das Depot an drei alternativen Orten zu errichten: 'Emmelsum Hafen', 'Unteremmelsum' oder 'Oberemmelsum-Brücke', wo sich schon jetzt das Busdepot befindet." Als wären dies nicht Argumente genug, fuhr er fort, dass es mit Ausbau des Hafens im Westen außerdem schon bald eine weitere Haltestelle "Kuhwarden" geben solle. "Wir können uns also praktisch aussuchen, wo wir das Depot erbauen wollen. Und falls Sie mich fragen: ich persönlich bevorzuge einen direkten Anschluss an den verkehrtechnisch hochfrequentierten 'Bahnhof Spellen'. Das garantiert kurze Wege!"

Während sich die meisten anwesenden Journalisten noch im Stenoschreiben versuchten, wagte Winand Schürmann, der dem Ganzen bei einem Stück Vetkoek beigewohnt hatte, eine erste Analyse: "Es prallen hier Maxime wettstreitig aufeinander. Brinkhoff, der als Christdemokrat die Goldene Regel für seine ganz subjektive Vorstellung eines Depotstandorts einsetzt und Brosskamp, der dies im Sinne des Kategorischen Imperativs in Frage stellt. Halbzeit: eins zu null für Kant."

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