Donnerstag, 27. August 2009

Mit der U-Bahn nach O-Holthausen

Da musste er wohl einen Gegenpol setzen, der Holthausener Heimatbund. War doch im Frühjahr erst die benachbarte Haltestelle "Stockum" mit geradezu revolutionärem TamTam eingeweiht worden. Jugendliche mit langem Haar, Stammgäste des ehemaligen Jugenzentrums Stockumer Schule (heute U-Bahnstation, Anm. d. Redaktion) hatten die Gunst der Stunde genutzt und so wurde zur Eröffnung der Haltestelle gleich noch den Opfern der Märzunruhen 1920 mitgedacht. Das gemeinhin sehr umstrittene Gedenken der gefallenen "Spartakisten" wurde jedoch von Anwohnern und Politik relativ gelassen in Kauf genommen, denn mit der Schließung des Jugendzentrums war nach "Jahren der Qual" nun endlich Schluss mit "Remmidemmi und Rowdytum", so Else Dönkens von der Stockumer Siedlergemeinschaft Schafstege. Also durfte auch die Internationale gesungen und bunte Fähnchen geschwungen werden, als die Bauarbeiter des VVV mit ihren Schutzhelmen im Dunkeln des Tunneldurchstichs erschienen. Doch jetzt, wo der unterirdische Nahverkehr rund vier Monate später auch Holthausen erreicht hat, suchte man vergeblich nach schmetternden Schalmeienkapellen und roten Fahnen. Wie erwartet zeigten sich die Holthausener musikalisch deutlich zurückhaltener. Der Fanfarenzug der Pfälzer Kolonisten sowie der Shanty-Chor "Reeshoven" boten zu diesem gedenkwürdigen Anlass ein sentimentales Programm, bei dem selbst Winand Schürmann (VUG, d. h. VoerderUntergrundGegner) eine "gewisse Gänsehaut" bekam, was aber laut eigener Auskunft auch an seiner Abneigung gegen "Amazing Grace" liegen könne. Dennoch schien er insgesamt der Holthausener Veranstaltung eher wohlgesonnen zu sein. "Mir gefällt diese gewisse Verschlagenheit der Holthausener, wie sie hier ihr riesiges Territorium deutlich abstecken mit einer unmissverständlichen Grenzstraße, wie sie sich teilen, um dem VVV (Voerder-Verkehrs-Verbund) gleich 2 Haltestellen abzuluchsen." Auch fände er es Klasse, dass sich die Holthausener einst aus Mangel an Geschichte einfach ein Wappen ausgeliehen hätten, dessen Kompassrose doch um einiges weltmännischer sei als die drei gelben Stockumer Hühner. "Stockum ist mir suspekt. Da hatten sie schon den höchsten Punkt der Gemeinde in ihrer Mitte, aber statt einen schmucken Aussichtsturm zu errichten, fiel ihnen nichts anderes ein als dort den Galgen aufzustellen!" giftete der Generalsekretär der VUG in Richtung Westen. Und auch der Holthausener Heimatbund geizte nicht mit Sticheleien, als der Vorsitzende Heinz Vennof, genannt "de Ape", im Festzelt bei Grüter auf den benachbarten Stadtteil zu sprechen kam. "Ihr Lieben, der ein oder andere wird sich erinnern, wie Stockum an genau dieser Stelle, an der heute unser Anschluss an das Voerder U-Bahnnetz erfolgt ist, einst die Telefonschranke errichten ließ, wo unsereins dann fernmündlich um Einlass betteln sollte. Und sicherlich erinnert ihr euch auch daran, dass kaum ein Mensch dahin wollte, wo der Hund bekanntlich im Busch begraben liegt, also war es bald vorbei mit diesem Projekt. Wir dagegen wollen heute, mit der Eröffnung der Station 'Oberholthausen"' die Schranken öffnen für einen freien Wandel über alle Grenzen hinaus. Während die Stockumer mit Schildern verkünden, wo Voerde aufhört, wollen wir mit dieser Haltestelle zeigen, wo Voerde erst richtig anfängt!" Anmerkung der Redaktion: Die Haltestelle wird erst mit Abschluss der Fliesenarbeiten für die Öffentlichkeit zugänglich sein. In kunstvoller Handarbeit wird im Bahnsteigbereich der Station eine Szene aus Dr. Paul Schlichthaars Volksstück "Der Graf von Heidelust" als Fliesenmosaik abgebildet werden.

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